Pilgerstationen

Der Weg beginnt vor dem Weg. Am Anfang steht die Sehnsucht. Vor dem äußeren Aufbruch steht die innere Suche: Wer bin ich? Was will ich? Wohin will ich? Es lohnt sich diesen Fragen aufmerksam nachzugehen. Was ist es genau, was mich bewegt? Der äußere Weg, auf den ich mich begeben werde, wird den inneren Weg abschreiten.

 

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Aufbruch

Der Aufbruch ist der wohl schwierigste Schritt auf dem Weg. Es ist zweierlei, vom Pilgern zu träumen oder sich auf den Weg zu machen. Ich muss diesen Aufbruch ja auch anderen erklären. Schon darin liegt ein erster geistlicher Schritt. Wer aufbricht, hat ein Ziel vor Augen und steht unter Gottes Segen. „Mach dich auf in das Land das ich dir zeigen werde!“ (1 Buch Mose 12,1) – mit diesem Ruf in den Aufbruch, Gottes Anrede an Abraham, beginnt die Geschichte der Menschheit. Am Anfang aller Geschichte steht der Aufbruch.

Weg

Der Weg gibt uns ein Bild vom menschlichen Leben, das lebenslang auf der Suche ist nach seinem Ziel. Wer einen Pilgerweg bewusst geht, erfährt, dass der Glaube ans Ziel führt. Der Weg weckt auf. Dabei gehören Weg und Bewegung zusammen. Der Weg schenkt der Bewegung Raum, die Bewegung erschließt den Raum.

 

Foto: Christoph Nötzel

Einfach unterwegs

Pilgern im Sinne christlichen Auf-dem-Weg-Seins geschieht in einem Ethos der Einfachheit: alles, was ich brauche, trage ich mit mir. Ist es zu viel, wird es mich erdrücken. Ist es zu wenig, muss ich auf Hilfe anderer hoffen. Pilgern bedeutet loslassen und vertrauen: auf die Hilfe und Gastfreundschaft mir heute noch unbekannter Menschen. Wer pilgert, lebt im Provisorium und lernt die Kunst der Improvisation.

Landschaftsbilder – Seelenbilder

Der Weg schenkt der Seele Bilder. Der äußere Raum bildet sich nach innen aus. Außen und innen korrespondieren. Wälder, Wege, Bachläufe, Wiesen bieten der Seele Bilder ihrer eigenen Stimmung. Landschaftsbilder werden zu Seelenbilder. Unsere Seele braucht solch äußere Anschauung ihres Inneren, um zu ankern.

Gemeinschaft

Im Gehen tauchen wir ins Gespräch ein. Worte fallen. Das Zuhören geht mit. Ich spreche aus, was mich bewegt. Offenheit und Vertrauen mit dem Weggefährten fallen leichter: wir sind doch auf demselben Weg unterwegs.

Foto: Christoph Nötzel

Schweigen

Einfach unterwegs. Schritt für Schritt. Stumm. Allein mit mir. Lauschend, schauend, tastend. Ich spüre den Boden unter meinen Füßen, die Anstrengung meines Körpers, das Kommen und Gehen meines Atems. Ich bin ich – unterwegs auf meinem Lebensweg. Woher komme ich – wohin gehe ich? Und: was ist jetzt mit mir los? Welche Bilder, Gedanken und Eindrücke bewegen mich. Mit meinem Atem spricht mein Herz: Herr, Jesus Christus, erbarme dich meiner.

Ziel

Der Weg braucht ein Ziel. Das lockt und gibt Kraft, Motivation, innere Ausrichtung. Ein besonderer Ort, eine Gemeinschaft von Menschen.

Ankunft

In der Ankunft liegt die vermeintliche Erfüllung des Weges. Die Suche, die mich bewegt hat, ist an ihr Ziel gelangt. Doch hört der Weg hier nicht auf. Es ist nur ein Zwischenziel, eine Unterbrechung. Unterwegssein und Ankommen werden eins. Die Ankunft am Ziel ist der Anfang eines neuen Weges. Es lohnt sich zu fragen: Was bewahre ich? Was hat sich geändert? Was lasse ich zurück? Was nehme ich mit? Es einander zu erzählen und Abschied zu nehmen.